Beispiel aus der Praxis: 5 Sitzungen bei einer Beziehungskrise

Eine anonymisierte Fallgeschichte aus der gestalttherapeutischen Praxis

Manchmal ist es schwer, sich ein Bild davon zu machen, wie eine therapeutische Begleitung ablaufen kann – gerade in emotional herausfordernden Situationen wie einer tiefen Beziehungskrise. Deshalb teile ich hier (in enger Abstimmung mit dem Klienten und vollständig anonymisiert) einen beispielhaften Verlauf aus einer Sitzungsreihe mit einem Klienten, der sich am Rande der Trennung befand.

Namen, Details und Hintergründe wurden so verändert, dass keine Rückschlüsse auf reale Personen möglich sind.


🧩 Sitzung 1 – Orientierung & Entlastung

Der Klient kam mit dem Gefühl völliger Überforderung: „Ich weiß nicht mehr, wer ich bin in dieser Beziehung.“ Zwischen Nähebedürfnis und Rückzug, zwischen Vorwürfen und Schuldgefühlen war kaum mehr ein klarer Gedanke möglich.

In der ersten Sitzung ging es vor allem um Entlastung. Raum schaffen für das, was gerade da ist – ohne Druck, sofort eine Lösung finden zu müssen. Wir sammelten erste Orientierungspunkte: Welche Dynamik zeigt sich gerade? Wo beginnt das eigene Erleben? Was wäre, wenn man erstmal nur da sein darf mit allem, was schwerfällt?

Erste Erkenntnis: „Ich merke, wie sehr ich damit beschäftigt bin, es für beide richtig zu machen – und dabei komplett vergesse, was ich eigentlich brauche.“


🔍 Sitzung 2 – Die eigene Position finden

In der zweiten Sitzung rückten die eigenen Gefühle und Bedürfnisse stärker in den Fokus. Mit Hilfe gestalttherapeutischer Dialogarbeit („leerer Stuhl“) konnte der Klient mit inneren Anteilen sprechen, die sich sonst kaum zu Wort meldeten.

Ein kraftvoller Moment: Als er sich selbst sagte, dass es okay ist, wütend zu sein – ohne gleich Schuld zu empfinden. Die Wut durfte als Signal verstanden werden, nicht als Störung.

Zentrale Erfahrung: „Ich darf Grenzen spüren und klar benennen – auch wenn das unbequem ist.“


🧠 Sitzung 3 – Muster erkennen & durchbrechen

In dieser Sitzung arbeiteten wir mit einer systemischen Aufstellung im Einzelsetting. Sichtbar wurde ein tief verankerter Glaubenssatz: „Ich muss Konflikte vermeiden, sonst verliere ich die Beziehung.“

Dieses Muster stammte aus der Kindheit und hatte den Klienten lange davor bewahrt, offen zu sprechen. Gleichzeitig war es genau das, was Nähe verhinderte.

Erkenntnis: „Vielleicht geht es nicht darum, die Beziehung zu retten – sondern ehrlich zu sein, auch auf die Gefahr hin, dass sich etwas verändert.“


💬 Sitzung 4 – Neue Kommunikation wagen

Die vierte Sitzung war stark prozessorientiert. Der Klient hatte inzwischen ein offenes Gespräch mit seiner Partnerin geführt. Das Ergebnis war keine sofortige Lösung, aber ein erster echter Dialog.

Wir reflektierten, was half: das Sprechen in Ich-Botschaften, das Zulassen von Pausen, das Stehenbleiben bei der eigenen Unsicherheit – ohne gleich zuzumachen.

Zentrale Erfahrung: „Wenn ich ruhig bleibe und bei mir bleibe, entsteht mehr Verbindung als durch Erklärungen.“


🌱 Sitzung 5 – Integration & Ausblick

In der fünften Sitzung ging es um Integration: Was ist in Bewegung gekommen? Wo stehe ich jetzt? Was brauche ich für die nächsten Schritte?

Der Klient hatte erkannt, dass seine Beziehung nicht „repariert“ werden musste – sondern dass er selbst sich verändern konnte, unabhängig vom Ausgang.

Letzter Satz in der Sitzung: „Ich fühle mich zum ersten Mal nicht mehr als Spielball, sondern als jemand, der sein Leben gestalten kann.“


💡 Was zeigt dieses Beispiel?

Diese Sitzungsreihe steht exemplarisch für das, was in einer therapeutischen Begleitung möglich sein kann:

  • Gefühle benennen, statt sie zu verdrängen
  • Muster erkennen, statt sich von ihnen leiten zu lassen
  • Beziehungen gestalten, statt sich darin zu verlieren

Natürlich verläuft jede Begleitung anders. Und nicht immer braucht es eine Krise, um sich auf den Weg zu machen. Manchmal reicht der Wunsch, wieder näher bei sich selbst anzukommen.

Wenn du dich in einer ähnlichen Situation befindest und dir eine unterstützende Begleitung wünschst – melde dich gern. In einem unverbindlichen Vorgespräch schauen wir gemeinsam, ob eine Zusammenarbeit für dich stimmig ist.

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